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Dienstag, 3. Januar 2012

Buch des Lebens

Eine Frau, ein Engel, in einem langen, weißen, hochgeschlossenen Kleid, mit ungewöhnlich altmodischem Schnitt, hochgeschlossen, Halskrause, enge Taille und ausladender, knielanger Rock in akkuraten Falten, stand mir stramm wie ein Polizist gegenüber. Sie schrieb fortlaufend mit spitzer Feder meine Taten, mein ganzes Leben, in ihren Spiralblock nieder, welchen sie vor sich hielt. Ab und zu blickte sie von ihrer ernsten Arbeit hoch, mir streng ins Gesicht, um dann sorgsam weiter zu notieren.

Mittwoch, 4. Januar 2012

“Diese Blume wird dich beschützen”, sagte sie zum Abschied. Für die lange Fahrt hat sie die weiße Blume in zwei sorgfältig gefaltete, hellblaue Servietten mit weißen Punkten gebettet, welche im Bereich des Stengels mit Wasser angefeuchtet waren, damit die Blume keinen Durst leiden würde. Nun steht sie in einer kleinen Vase, ein Glasfläschchen, in dem sich eimal italienische Limonade befand, auf dem Eßtisch.
Ich weiß, daß dies wahr ist und daß auch jeder, der sie anblickt und in ihr Gesicht sieht, geheilt und so rein wie sie selbst werden wird.

Freitag, 13. Januar 2012

Viele, viele bunte Vögel im Sturzflug auf den Grünen Hügel

 

 

 

Ich habe geträumt:

Ein Tautropfen
an einem grünen Blatt
der losgelassen hat
und fällt und fällt...

Mittwoch, 18. Januar 2012

Rosenkranz

Ich hatte einen bedrückenden Traum. Meine kleine graugetigerte Katze trug etwas wie ein Junges an einen anderen Ort, sie legte es schließlich auf einen gepflasterten Bereich, zwischen Rasenstücken, in einem schönen Hof ab. Es war eine Raupe! Die Raupe war schwarzbraun längs gestreift. Die Raupe war aber vollständig von roten Ameisen befallen! Man sah sie schon gar nicht mehr, es war ein einziges, widerliches, wimmelndes Knäuel. Und dazwischen, zwischen den wimmelnden Ameisen, erkannte ich zudem den schrecklichen blauschwarz gepanzerten Rücken eines Skorpions! Von dem Spektakel angelockt tauchte noch ein großer, länglicher, schwarzer Käfer aus den Rizzen der Steine auf, den ich schon kannte, und dann noch ein zweiter von weiter her mit einer beängstigenden feuerroten Zeichnung auf dem Rücken.
Ich erwachte. Mir wurde die Bedeutung des Traumes bewußt. Die Situation schien aussichtslos. Zu spät. Alles ist zu spät. Verloren. Bitte, bitte...
Nach einer Weile schlief ich wieder ein. Da kam wieder dasselbe Bild. Aber ein großer, eiserner Schürhacken fuhr in das Knäuel und befreite wie durch ein Wunder die Raupe von den Insekten. Auf einmal wuchs auch eine schöne Blume im grünen Gras neben dem Pflaster, worauf die Raupe nun gesetzt wurde.
Es war eine Malve. Ihre einzige trichterförmige Blüte war weiß, und innen war sie rosafarben. 

Donnerstag, 19. Januar 2012

Das Feuerpferd

 

 

schnaubt Blumen.

Samstag, 21. Januar 2012

Der Rosmarin blüht im Treppenhaus. Winzig kleine, hellblaue Blütenkelche. Vorgestern flog ein Schwan genau über mich hinweg, während ich auf der Autobahn fuhr. Er flog nach Norden.
In der Nacht erwachte ich und mir fiel plötzlich die Zweideutigkeit des Wortes “die Aufgabe” ein. Die Aufgabe. Aber: auf-geben.

Sonntag, 22.Januar 2012

Donnerstag, 26. Januar 2012

Vogel

Samstag, 28. Januar 2012

“Ich würde dich auch gerne vermissen”, hat er im zärtlichen Ton zu mir gesagt.

 

 

 

Dies hat mich an den kleinen Prinzen erinnert.

Sonntag, 29. Januar 2012

Heute bekam ich einen Brief. Ein weißer, länglicher Umschlag, eine geschwungene Schrift. Die Briefmarke rechts oben war lindgrün.

Montag, 30. Januar 2012

Über den Eßtisch mit der grünweißlichen Milchglasscheibe wird jetzt eine grau und türkis gestreifte Tischdecke gebreitet.

Dienstag, 31. Januar 2012

Sie berührte gerade
ihren Weg.
Es war immer gerade:
Sommer

 

Rosenweg

Blaue Hügel

 

Sie trug alles hinauf
auf die Wiese,
welche jetzt noch,
im Winter,
vom Frühjahr blühte.

Mittwoch, 1. Februar 2012

Unser Geburtsrecht sei es, so sagt man, nach Hause zu kommen.

Donnerstag, 2. Februar 2012

Soll ich Dir den Weizen geben?

 

 

 

“Wir sind damit geboren”, sagte sie. “Es liegt in uns wie die Perle in der Muschel. Einige wissen es nicht. ... “
aus dem Roman: Martha & Maria von Johannes Anker Larsen

Ein schöner Link dazu.

Freitag, 3. Februar 2012

Dies ist, von all den vielen Büchern, welche Du besitzt, Dein allerschönstes!”, hat er einmal entschieden gesagt. Dabei hielt er ein weißes Taschenbuch in der Hand, in dem er manchmal las. Es war Pareys Blumenbuch, Blütenpflanzen Deutschlands und Nordwesteuropas.

Samstag, 4.Februar 2012

Osmanthus

“Er blüht ja, jetzt, mittten im Winter!”, sagt mein Vater überrascht zu mir. Und: “Du mußt ihn mehr in die Sonne rucken.” “Rieche einmal”, erwidere ich. Da steckt er seine Nase mitten hinein.
Der Duft der winzig winzig kleinen unscheinbaren Blüten ist überwältigend, süß, mit einem Hauch Zitrone.
Er erinnert mich an weißes Tuch, sorgfältig gefaltet und gebügelt, im Schrank einer feinen Dame vor dreihundert Jahren in Südfrankreich. An gestärkte, weiße Baumwolle mit Spitzen.
An weißes Haar, penibel frisiert und hochgesteckt.
An eine kostbare Puderdose aus Elfenbein.
An eine zarte Frauenhand, die nie eine Sonne gesehen hat.
An die kühlen Zimmer in einem maurischen Palast.
An einem tiefblauen Nachthimmel, sternenfunkelnd und heiß, mitten im Sommer.
Es liegt etwas ganz Besonders darin.
Ich habe den immergrünen und unspektakulären Busch, dessen Namen ich bis heute nicht wußte und der zu den Ölbaumgewächsen gehört, einmal vor etwa 12 Jahren aus Italien mitgebracht. Im Sommer steht er auf dem Balkon und heuer, im Winter, am Fuße der Treppe zur Wohnjung hinauf. In einem großen Tontopf. Als ich nach seinen Eigenschaften gefragt habe sagte der Gärtner mit Händen und Füßen, daß wirklich nichts Besonderes an diesem Strauch und seinen Blüten sei, außer, daß sie duften würden.
“Fümee! Fümee!”

 

 

 

Duftblüten

Bleibe unbetrübt
in jedem Moment.

Aus dem Büchlein: Leichte Gedanken

 

 

 

Im Traum sah ich mich einen schönen Strauß exotischer Blumen aus Hawaii in meiner weißen Vase arrangieren. Die Oberfläche der Vase bildet ein Relief von Muscheln und Schneckenhäusern. Es waren gelborangefarbene Kaprosen, Federbüsche. Leucospermum cuneiforme. Oder auch Nadelkissen genannt. Und da war auch, zwischen all diesen exotischen Blumen, eine schlichte nachtblaue Tulpe zum Malen genau in der Mitte. Ihre Blüte hatte sich noch nicht geöffnet.
Früh beim Aufwachen das Bild zweier Schwäne voller blauweißem Licht nebeneinander, welche auf unbeschreiblich glattem Wasser schwammen.

 

 

 

Auf dem Weg zu meinem Wagen: Es wurde gerade Nacht, es hatte bereits etwa minus 9 Grad. Doch es duftete nach Blumen.

Sonntag, 5. Februar 2012

Wir sind die Adjudanten, sagen die gelben Blumen, auf den Rücken der Leute. Ein Mann trägt einen Weidenkorb mit langstieligen gelben Blumen auf seinem Rücken, in St. Tropez an der Côte d'Azur. In Imperia, an der Blumenriveriera.
Aber eigentlich wachsen sie ja einem jeden aus der Wirbelsäule.

 

 

 

Eigentlich dachte ich, der Fluß sei zugefroren und es würde heute bestimmt kein Schiff kommen, aber dann sah ich doch ein Schiff sich seinen Weg durch die schon geschlossene Eisdecke, die sah aus wie ein Muster von riesigen Kristalldreiecken, bahnen. Es hieß Filagram.

 

 

 

Er hat ein paar Dinge gesagt, die haben mir gefallen: Nicht zu viel anfangen. Und, wenn man sich entschieden hat, bei einer Sache bleiben.

 

 

Aus einer gelben Blume explodiert Lila

Montag, 6. Februar 2012

Bleibe dabei, bleibe bei dem Gelben.

 

 

Wenn der Schuß losgeht.

 

 

 

Kostbar:
Liebe ihn überall
Er folgt Dir.

Dienstag, 7. Februar 2012

Die kleine Katze legt vor Erschöpfung zum Schlafen ihren Kopf auf meine Hand. Das hat sie noch nie getan. Ihr geht es nicht gut.

Mittwoch, 8. Februar 2012

“Das Ewige und das Zeitliche, das Grenzenlose und das Begrenzte sind ineinander verliebt. Der Glaube ist die Anziehungskraft des Ewigen und des Zeitlichen zueinander, bis zur bewußten Vereinigung in der Seele eines Menschen. Er ist die lebendige Kraft, die nicht auf Anschauungen oder Meinungen beruht, sondern häufig durch sie gehemmt wird.”
Das ist noch ein bemerkenswertes Zitat zu dem, was Glaube für Maria bedeutet, aus dem Buch Martha & Maria von Johannes Anker Larsen.

Sie sagt es zu ihrem Mann, der Dorfpastor ist. Es aber nicht versteht.

Manchmal bekommt sie, Maria, Briefe aus der Unendlichkeit. Von der kleinen Kleeblume. Die kleine Kleeblume spielt übrigens eine ganz wichtige Rolle in dem Buch.

“Du kannst meinen Brief daran erkennen, daß Du ja die anderen Briefe öffnen mußt, bevor Du sie lesen kannst, aber meine Briefe öffnen Dich, während Du sie liest.”

Post aus der Unendlichkeit, aus dem Nirgends. Aus dem Nichts. Das uns ja immer und überall umgibt, da es niemals getrennt von uns ist, sagt die kleine Kleeblume. Es ist deshalb immer und überall möglich, Briefe zu empfangen.

Der Roman spielt Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts.

Vor etwa drei Jahren im Herbst habe ich das Buch empfohlen bekommen. Wenige Tage vorher hatte ich zufälllig eine Kleeblume fotografiert. Das war bei einem Spaziergang. Und da war eine bestimmte Stelle, am Rand der feuchten Wiese bei den Hecken, das weiß ich noch wie heute, die duftete nach Waldmeister.

Eigentlich kenne ich aber eine Kleeblume noch von ganz woanders her.

Ich habe das Buch wegen eines Kummers zum Lesen angefangen, habe erst etwas gebraucht mit dem Stil des Autors warm zu werden und beim Lesen in einem Fluß zu kommen. Als weigerte sich das Buch sich in seiner Schlichtheit mir zu öffnen. Es stockte und hackte. Als würden sich die Wörter und Sätzen sträuben, nicht von mir gelesen werden wollen. Mir ihren Sinn nicht offenbaren wollen. Es war auch besser noch einmal zu lesen, langsam zu lesen, nichts zu erwarten. Damit die bescheiden und rein aufgemalten Seelenspiegel der Akteure in einem selbst zu atmen beginnen können.
Und auf einmal, gegen Ende und nach wiederholtem Lesen mancher Passagen, erkannte ich erstaunt, der Roman ist voller hintergründiger Fingerzeige bezüglich der einzelnen Schicksale. Nein, nicht richtend, nicht wertend, eher wie bei einem Bild, einem Beispiel, das uns etwas zeigen will.

Donnerstag, 9. Februar 2012

“Rose verloren”, hat er unendlich traurig gesagt.

 

Aber das stimmt doch gar nicht. Sie ist nicht verloren! Niemals ist sie das.