Donnerstag, 23. Juni 2011
Seit heute Vormittag habe ich wieder einen Pflegling, eine kleine Schwalbe. Es ist kaum zu glauben, daß die ersten jungen Schwalben jetzt schon wieder flügge sind. Das Pflaster an der Hauswand ist immer noch voller kleiner Eierschalen. Ich fand sie im Hof. Sie kann noch nicht richtig fliegen, schafft gerade einmal hundert, zweihundert Meter. Auch sonst wirkt sie recht schwach. Sie mag gerne Nähe und Wärme und versteckt sich oft im Haar.
Das Kalenderblatt heute ist ein Gemälde von René Magritte, es heißt “Der Kuß”. Der Kuß ist ein Vogel der Nacht. Über dem Meer.
Freitag, 24. Juni 2011
Nuhur, ein Ort in der Sahara:
Meer aus Blumen
ÜBERGEBEN: für den Hoffenden
Montag, 27. Juni 2011
Nach dem Bad
Dienstag, 28. Juni 2011
Der Agapantus hat in diesem Jahr nur eine einzige Blüte getrieben. Auch heute tummelten sich am Waldrand wieder unzählige cremfarbene Schmetterlinge, miteinander flirtend. Bestimmt wohnen dort auch eine Fee und unzählige weißglühende Elfen. Gestern träumte ich von Pan Tau. Wie lange habe ich nicht mehr an ihn gedacht, an die Fernsehserie, die ich als Kind so geliebt habe! Ja, genau, und Pan Tau kann zaubern! Im Traum sah ich ihn immer wieder vor mir, er lächelte mich freundlich wissend an, manchmal saß er mir gegenüber, ein Bein lässig über das andere geschlagen. Der kleinen Schwalbe geht es gut. Sie hat in einem Teller mit lauwarmen Wasser auf dem Balkon gebadet. Wie unterschiedlich doch der Charakter der einzelnen Schwalben sein kann! Diese hier ist ein kleiner Frechdachs, der sich nichts gefallen läßt. Sie verteidigt eisern ihren Lieblingsplatz auf der Menschenschulter und tschelpt jedesmal wie am Spieß, wenn sie herunter mußt. Dort sitzt sie stundenlang wie festgewachsen. Auch ihre vielen Mahlzeiten fordert sie entsprechend lautstark und ohne den geringsten Respekt vor uns Riesen ein.
Samstag, 2. Juli 2011
Der Name der kleinen Schwalbe: Stephanie.
Fly away
Ihr Flyer wird aufgefaltet. Innen ist er einfach gehalten, ganz ohne Schrift, ganz schlicht, man sieht nur ein gemaltes Bild, das sich über die beiden hohen, schmalen und blütenweißen Seiten erstreckt: das weite, tiefblaue Meer und vorne in der Mitte ein großes, weißes Segelschiff, das gerade abgelegt hat und nun in See sticht.
Sonntag, 3. Juli 2011
“Die Frage, die Du in das Leben mitnimmst, diese Frage bist Du selbst”, sagte er.
Gestern habe ich Elfenkuß gepflanzt. Winziges Rosa. Und an die Nordseite des Hauses eine Rose namens MyViolin. Daneben Lila.
Montag, 4. Juli 2011
Am Fluß
Heute ist die kleine Schwalbe fortgeflogen.
Wir waren im Zoogeschäft in der Stadt und wollten Futter für sie einkaufen. Vor einem Moment hatte sie noch die letzte der drei großen Grillen in einem Stück verschlungen. Ja, genau, eine dieser Grillen, die an den lauen Sommerabenden so wunderschön zirpen. Die kleine Schwalbe befand sich an ihrem Lieblingsplatz, nämlich in einem weichen Tuch, welches ich extra für sie um meinen Hals geschlungen hatte. Das mochte sie nämlich sehr. Gerade war ich in Begriff zielstrebig an der Kasse vorbei in Richtung Regal zu gehen, da rief mein Freund: “Schau mal, der süße junge Hund!” Ich drehte mich, um nach dem hellbraunen Welpen auf der Theke zu sehen, welcher ein Geschirr angepaßt bekam. Im selben Moment stieß die kleine Schwalbe ein freudiges Zwitschern aus und flog, flog! Sie, die sich, nach ersten mißlungenen Flugversuchen, über eine Woche nicht vom Fleck bewegt hat. Höchstens einmal, um vorsichtig von der Hand auf die Schulter zu klettern. Flog durch den dunklen Gang, ihre kleinen Flügel bewegten sich angestrengt auf und ab, sie hielt sich in der Luft!, auf das große, helle Rechteck zu. Eine offene Laderampe. Ich in Panik hinterher. Flog hinaus, die Befreiung, nach links, nach oben in den Himmel. Und mir brach es fast das Herz. Ich rief: Schwalbe! Schwalbe! Rannte ihr nach, die geteerte Einfahrt entlang, in Richtung Rückeite der Halle. Sie umkreiste mehrmals frohlockend einen hohen Baum. Jetzt sahen wir sie schon kaum mehr. Ein winziger schwarzer Punkt. Versuchte angestrengt sie nicht aus den Augen zu verlieren, doch es gelang mir nicht, irgendwann wußte ich nicht mehr, wo sie sich befand. Wir warteten noch lange und beobachteten dabei die Vögel am weißen Himmel. Da, in Richtung Hafen, Fluß, kreisten da nicht auch einige Schwalben? Vielleicht findet sie Anschluß. Hoffentlich. Und wo wird sie die Nacht verbringen? Ob sie hierher zurückkehrt? Und besorgt: Gibt es hier Raubvögel? Zum Glück ist heute der erste milde Tag nach dem verregneten und unnatürlich kalten Wochenende. Mit diesem Gedanken tröstete ich mich.
Heute war wirklich ein besonderer Tag. Es sind auch viele jungen Schwalben bei uns Zuhause flügge geworden!
Donnerstag, 7. Juli 2011
Beim Friseur. Ein reizendes kleines Mädchen, vielleicht eineinhalb Jahre alt, in einem fliederfarbenen Baumwollkleidchen wanderte von den Armen der Großmutter in die Arme seiner frisch frisierten Mutter mit großer, lilafarbener Glitzerblüte seitlich im stromlinienförmig weißblonden Haar. Für lange Momente drehte sich die Aufmerksamkeit nur um das Kind und alle im Salon blickten es wie verzaubert an. “Ich will auch, daß sie mich anlächelt”, entfuhr es meiner Frisörin hingerissen. Das fand ich wiederum entzückend und unsere Augen trafen sich im Spiegel, vor dem ich saß.
Freitag, 8. Juli 2011
Ich träumte: die kleine Schwalbe ist wieder zurückgekehrt. Sie flog auf meine rechte Hand.
Samstag, 9. Juli 2011
Erinnere mich, daß ich über die Schatten der Wolken schreibe, wie diese zwischen dem Blau des Himmels über die weiten grüngoldenen Kornfelder und Wiesen ziehen. Über den heißen Wind. Das Spiel aus Licht und Schatten, das die Sinne so betört und die Seele mit den Lerchen fliegen läßt. Die gleißende Sonne. Den roten Mohn, der sich leuchtend wiegt.
Sonntag, 10. Juli 2011
Milchkännchen
Wie die Liebe staunen kann.
Schlafend hält er das weiße Adlerküken in seiner Hand
Mittwoch, 13. Juli 2011
Ich bekam einen Text zugesandt, Die Taten des Petrus und der zwölf Apostel, eine gnostische Schrift aus dem Nag Hammadi-Codex. Sie handelt auch von dem geheimnisvollen Perlenverkäufer Lithargoël.
Nun war das letzte Treffen gewesen.
Sonntag, 17. Juli 2011
Gesenkte Lider
Lieder
Mittwoch, 20. Juli 2011
In der halb offenen Türe stand ein Mann, der lachte und lachte und lachte. Ja, genau, wie ein chinesischer Buddha. Er hörte gar nicht mehr auf zu lachen. Wundersam.
Im Traum gelangte ich mit vier, fünf leeren Flaschen in der Hand und im Arm auf ein weißes Schiff, das an einer steilen Meeresküste vor Anker lag. Man half mir hinab. Eigentlich wollte ich nur die leeren Flaschen loswerden, wurde mir bewußt, als ich schließlich in der Hocke auf den Blanken des Schiffes saß, sie vielleicht einfach dort drüben in der Mitte abstellen, doch da merkte ich auf einmal, das Schiff legte bereits ab. Ich konnte nicht mehr zurück!
Donnerstag, 21. Juli 2011
Perlentagebuch
Sonntag, 24. Juli 2011
Sie kann jetzt schwimmen!
Sie schwimmt im Meer.
Mit ihren Händen berührt sie die Fische, die sich ihr nähern.
Montag, 25. Juli 2011
“Lebe Dein Leben”, sagte er immer wieder eindringlich zu mir. “Du mußt Dein Leben leben.” “Kümmere Dich nicht um die anderen.”
Mittwoch, 27. Juli 2011
Rosebud
Eine rote Rosenknospe lag mitten auf dem Weg, zwischen dem taunassen Gras. Bei der Brücke. Das Wasser floß fast lautlos darunter dahin. Der Bach war rechts und links gesäumt von Erlen, durch deren schaukelndes, dunkles Grün ab und zu verführerisch ein wie jungfräulicher Sonnenstrahl floß. Ich hob sie auf und legte sie in meinen Weidenkob. Ein wunderschöner Sommermorgen.
Rosebud.
Zweimal bekam ich heute von einander unabhängig ein Kompliment. Ich würde immer schöner werden. Und zweimal wurde in den letzten Tagen aus sachverständigem Munde lobend über meine Kunst gesprochen. Das hat mich sehr gefreut.
Ich träumte von einer weißen Taube in einer kleinen, scharfkantigen Kunststoffschachtel hinter meinem Fenster, die ich lange vergesssen habe.Sie war auch verletzt, ihr fehlte der rechte Fuß, stellte ich erschrocken fest. Und sie war wie mit klebrigfeinen Spinnweben umhüllt, von welchen ich sie vorsichtig befreite. Ich will mich wieder um sie kümmern, sie zum Arzt bringen, sie pflegen und sie füttern. Sie soll fliegen!
Samstag, 31. Juli 2011
Mittwoch, 3. August 2011
Heute fand ich etwas Liebes
zwischen Grünsfeld und Giebelstadt.
Eine goldene Lilie. Hunderte von Schmetterlingen, die freudig torkelnd in der Sonne über die Wiesen flogen. Und ich habe zwei Schwalben gesehen, die im Flug lustige Kapriolen schlugen und sich schließlich in der Luft küßten.
Sonntag, 7. August 2011
Abendrot:
Der Reiher fliegt den weiten Weg durch das Wiesental zu seinem Nistplatz zurück. Stets stößt er dabei einen einzigen gellenden Ruf aus, der die Abendstille durchbricht.