Donnerstag, 25. Dezember 2008

Zeichen
Heut habe ich den Glückskeks aufgemacht. Erst die silberne Verpackung aufgerissen, dann den Keks aufgebrochen. Auf dem schmalen Papierstreifen in seinem Inneren stand: Eine Gelegenheit klopft an die Tür.

Ein Traumbild
Das Bild bedeutet: Der Frau ist aus ihrem Herzen eine Rose emporgewachsen. Schon bis zum Hals.
Dazu fand ich das folgende schöne mittelalterliche weihnachtliche Lied, Gewachsen war ein Baum:
Und Unserer Lieben Frauen,
Der traumete ein Traum,
Wie unter ihrem Herzen
Gewachsen war ein Baum.
Kyrie eleison.
Und wie der Baum ein’ Schatten gab
Wohl über alle Land:
Herr Jesus Christ, der Heiland,
Also ist er genannt.
Kyrie eleison.
Und Unsre Liebe Fraue,
Die trug ein Kindelein,
Davon woll’n wir nun singen
Und wollen fröhlich sein.
Kyrie eleison.
Heute habe ich noch einmal Geschenke ausgesucht, diesmal für die Familie meines Freundes, und sie dann in das Seidenpapier verpackt.
Gemalt.
Ihre Lieblingsfarbe ist altrosa. Seine sonnengelb. Und seine Lieblingsfarbe ist die Farbe, welche das Eichenholz hat.
Vor dem Abendessen, so gegen sechs Uhr, habe ich einen Spaziergang durch das kleine Dorf unternommen. Mein Freund blieb in seiner Werkstatt. Das Wetter hat umgeschlagen und es war kalt geworden. Das graubraune Laub an den Ästen und Zweigen des Baumes gegenüber von der Eingangstüre raschelte und bauschte sich im Wind. Es war so, als würde der Baum sprechen, als bedeute das nun etwas.
Meine Hände steckten zu Fäusten geballt in den Taschen meines grauen Filzmantels. Die Arme steif. Ich war voller Spannung, wie so oft, und wußte damit nicht wohin.
Der Sternenhimmel leuchtete, graue Wolken zogen wild darüber hinweg.
Vor einer Türe eines Hauses, das sich wie ein dunkler Kasten vor mir aus der Nacht formte, brannte still eine Kerze in einer Laterne. Vor einer anderen ein rotes Licht. Und auch vor den Fenstern, auf jedem Fenstersims dieses Hauses, brannte ein kleines, rotes Lichtlein. Ganz still. Die Geräusche vom Melken, von Stallarbeit. Ein Stall stand offen, ein warmes, gelbes Rechteck inmitten der Dunkelheit.
Ein Mann ging über den Hof.
Federtüren hinter den Fenstern gleich warmen Augen in der Nacht. Feenhände bewegen sie.
Der zarte Vorhang bauscht sich.
Ein leuchtender Stern. Blühende Pflanzen. Orchideen. Der Garten. Am Fuße des Apfelbaums im Erdboden eingelassen die alte Badewanne für das Gießwasser, jetzt leer, weil es Winter ist.
Freitag, 26. Dezember 2008

Ein Traumbild: Aus der Wolke regnet es auf das Herz.
Gerade als die Sonne untergegangen war, geriet ich in einen Stau. Es war kurz vor Lindau, als der Verkehr stockte. Ganz offensichtlich fuhren die meisten in die Skiferien. Die Sonne ging blutrot unter. Genau über uns flog ein Schwarm Vögel, der, wie es schien, sich nicht beruhigen konnte. Er flog auf und ab, verschmolz zu einer Kugel, zu einer Herzform, zerfloß wieder, bildete eine Schlange, einen Schmetterling, einen unruhige Wolke, wogte so endlos und unruhig vor dem Blaugrau der Dämmerung. Während ich mir von der Thermoskanne Tee eingoß beobachtete ich ihn. Unter diesem Kreisen und Wogen die stehende Blechlawine. Nach etwa einer halben Stunde rollte der Verkehr wieder.
Wir aßen zusammen zu Abend.
Dann unterhielten wir uns alleine. Ein Thema war, wie differenziere ich? Wie kann ich lernen zu unterscheiden? Einmal wieß ihre Hand vom Herzen aufwärts, vom Herzen heraus kommend nach oben. Das andere drückt nicht so, da ist keine Resonanz, sagte sie in etwa.
Ich fragte noch einiges. Erzählte auch. Erzählte von damals. Ich war dann ganz außer mir.
Das Gebet, das ich heute dort aufschlug:
Weite meinen Geist, o hebe ihn aus dieser schweren Tiefe, durch Deine Kunst entzückt, damit er furchtlos strebe aufwärts in feurigem Schwunge. Denn Du, Du weißt allein, Du kannst allein begeistern.
Ludwig van Beethoven
Samstag, 27. Dezember 2008

Eingang


Stern
Nach dem Mittagessen sind wir in die schlichte Kirche des kleinen Ortes gegangen, denn dort war eine Grippe vor dem Altar aufgebaut, über die am Morgen auch schon auf dem Fernseher berichtet worden ist. Sie erzählte davon ganz begeistert und sagte, daß wir nach dem Mittagessen alle miteinander hingehen könnten, um sie zu betrachten. Wir waren dann aber doch nur zu zweit. Die Grippe anstatt des Altars ging über die ganze Breite der Kirche. Links stand ein markanter, riesenhafter, grauer Baumstumpf - Sturmholz -, an dem viele dieser scheibenförmigen Pilze wuchsen und in dessen schützender Höhle die heilige Familie war, das Kindlein in der Krippe lag. Aus dem dicken, graugrünen Moos, mit dem die ganze Länge der Krippenlandschaft ausgelegt worden ist, wuchsen an manchen Stellen üppig Alpenveilchen rosenrot und weiße Christrosen. Das Moos sah so weich aus. Dahinter hohe Tannen, die über und über von winzigen Lichtern leuchteten, wie als sei ein glitzerndes Netz über sie gebreitet worden. Oben darüber der goldene Stern mit einer himmlischen Wolke darin. Und der Engel Gabriel. Dahinter, im Glasfenster, ein Gesicht.
Das Gesicht auf dem Gewand.
Es duftete in der Kirche und es herrschte eine freudvolle, weihnachtliche Stimmung. Menschen kamen und gingen, mit großen Augen auf das Wunder schauend, sich manchmal leise unterhaltend, umarmend, um es zu bestaunen. Im Hintergrund erklang ganz leise eine festliche Musik.
Ich war sehr froh.
Dann fuhren wir nach Frauenfeld um eine Kunstausstellung zu besuchen. Eigentlich fuhr ich nicht selbst, sondern ich wurde gefahren. Dort aßen wir auch etwas Orientalisches. Der Inhaber des Lokals ist sein Freund.
Ich fuhr dann über Konstanz heim.

Einmal, als wir während des Treffens beieinander saßen, erleuchtete die Sonne ein Schneefeld auf dem Berggipfel auf der anderen Seite des Sees. Das sah dann aus wie eine Schwalbe im Flug, eine Schwalbe aus Licht.
Ich saß auf einem der beiden schmalen weißen Sessel und wenn ich sie ansah konnte ich gleichzeitig aus dem Fenster sehen.
Auf den Schnee und auf das Licht.
Heute sind wir an diese wunderschönen Stellen am Schluß des Perlenliedes angelangt. Sie las diese langsam vor. Zum Beispiel wenn die Rede von dem Gesicht auf dem blauen Gewand ist. Das sprach.
Der kleine Porzellanengel an der roten Kerze links in der Mitte auf dem Kaminsims ist ohne einen ersichtlichen Grund auf einmal heruntergefallen, erzählte sie. Leider sind seine beiden kleinen Porzellanflügel noch nicht wieder aufgetaucht, obwohl sie schon den ganzen Boden danach abgesucht haben. Sie sind wie vom Erdboden verschluckt. Das hat mich beschäftigt. Ich sagte, daß wir zwei kleine Daunenfedern in seinen Rücken tun könnten, damit der kleine Engel wieder Flügel bekommt. Damit er wieder fliegen kann. Damit er die Kerze weiter beschützt, damit sie nicht erlischt.
Viele Bücher stehen in ihrem Regal, die ich auch habe.

Die Hände von Andreas und aus seinem Tagebuch:

Wieder daheim fand ich eine Weihnachtskarte von Josefine auf meinem Schreibtisch. Sie schrieb mir ein schönes Gedicht, was ich ebenfalls gerne hier herein stellen möchte. Es kam mir wie eine Resonanz, ein Widerhall auf den eigenen Traum vor. - Ich war dann doch ziemlich müde von dem schönen Tag und der mehrstündigen Fahrt und jedes Mal wenn ich meinen Kopf nach unten gebeugt habe um den Rucksack weiter auszupacken, wurde mir schummrig und dunkel.
Josefine schrieb:
Ich wünsche Dir
ein gesegnetes Jahr,
Zeiten, in denen Du erfüllende und bereichernde Erfahrungen machst,
Augenblicke des Glücks,
die Deine Seele aufjauchzen lassen vor Freude,
weil Dir ein Stern vom Himmel fällt
und die verborgenen Träume der Nacht
am Tage zum Leben erwachen.
(Christa Spilling-Nöker)
Montag, 29. Dezember 2008
In der Nacht stand das Sternbild des Orions genau vor dem Fenster. Ich erwachte aus irgendeinem Grund und erblickte es erstaunt. Es war so, als wäre es genau in das Fenster eingepaßt worden und es strahlte sehr hell. Der Himmel war ganz klar in dieser Nacht.


Spiegel
Das Haus war von einem Netz von Bächen umgeben, in denen sich der klare Himmel und die Morgensonne spiegelte. Es war eiskalt. Dampf stieg still vom Wasser auf und die weiten Felder glitzerten vom Reif. Als ich den Weg durch ein schattiges Stück zurück zum Wagen ging, zeigte ein heller Lichtstrahl, welcher schräg durch die dunklen Zweige der Erlen stieß, auf einmal genau auf die linke Seite meiner Brust. So als wolle er sich dort hineinbohren. Wie ein langer, goldener Finger von irgendwo her, der das Dunkel durchbrach. Was ist das jetzt?, überlegte ich erst träg, mit anderen Gedanken beschäftigt, das ist ja ein Sonnenstrahl! Und verfolgte ihn erstaunt zu seinem Ursprung zurück. Da kam noch ein zweiter hinzu! Entzückt beobachtete die beiden tanzenden Sonnenstrahlen, welche, je nachdem, wie ich ging oder wie ich mich bewegte, lustige Kringel überallhin auf meinen Körper malten.
Dienstag, 30. Dezember 2008
Abends war ich bei einer Freundin eingeladen. Wir aßen zusammen. Probierten ihre beiden neuen Klangschalen. Eine hat den Klang der Sonne, die andere schwingt mit der Erde. Es gab einen portugiesischen Weißwein von 1994, der sehr gut war. Einen Vinho Verde. Sie hat ihn noch bei sich gefunden. Sie hat geträumt, daß es Rosenblütenblätter regnete. Daß sie durch einen Regen aus Rosenblütenblättern ging.
Mittwoch, 31. Dezember 2008

Was wohl auf dem Palmblatt geschrieben steht... ?