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Montag, 1. September 2008

 

 

 

Bei den Blauen...

 

 

 

 

 

 

Am Bach

 

 

 

Die Sonne war am frühen Morgen ein goldener Ball, die Straßen leuchteten ebenfalls wie Gold. Von Westen trieb eine undurchdringlich graue Wolkenwand heran und es regnete schließlich den ganzen Vormittag.
Am Nachmittag stand meine Nichte auf einmal regennaß mit ihrem Fahrrad im Hof, sie wollte gerne eine Woche bei uns verbringen und in der Werkstatt helfen.
Ich träumte von Sonnenblumen, die im linken Straßengraben wuchsen. Die Sonnenblumen hatten große Köpfe und waren bereits verblüht. Sie waren feucht, feucht vom Tau. Eine herbstliche Stimmung.
Doris schrieb mir, sie schrieb mir so lieb, sie schrieb mir auch Worte aus einem Buch, das sie gerade zur Hand hatte, die entscheidende Frage lautet: Welchen Inhalt hat unser Bewußtsein?
Er hat so eine Gabe einen wohltuend und sanft zu berühren. Unser Tai Ji-Lehrer ist auch Masseur. Ich merkte das, als er einmal meine Hand nahm, um sie während des gestrigen Übens in die richtige Haltung zu bringen. Das war ganz erstaunlich.
Und ein Freund schrieb mir, ob ich überhaupt wisse, daß er einen Ordner “Margit und Poesie” habe.
Am Abend unendlich müde.

 

 

 

Dienstag, 2. September 2008

 

 

 

Ein Traum

Da war ein großes Fest bei einem Haus oder einem hohen Gebäude. Ich ging umher. Ich machte eine Durchsage, wie sehr ich ihn mochte. Schließlich saß ich in einer Runde, in einem Stuhlkreis. Ein Stuhl neben mir war, glaube ich, nicht besetzt. Oder war es der freie Stuhl auf den ich mich setzen sollte? Es waren helle, schlichte Holzstühle. Er ging in Richtung des Stuhlkreises, sah mich, und blieb in einigem Abstand davon stehen. Ich drehte meinen Kopf nach links zu ihm hin und sah ihn lange und wortlos offen an, während er so in einigem Abstand dastand. Seine rechte Hand steckte lässig in der rechten Hosentasche. Ich legte alles in diesen Blick. Nach einer Weile drehte er sich aber weg und ging fort. Fort! Sein Gesichtsausdruck war so seltsam, ein wenig spöttisch, was mir ins Herz schnitt.
Aber das ist er gar nicht. Das würde er nie tun.

 

 

 

Den ganzen Tag unterwegs.

 

 

 

Mittwoch, 3. September 2008

 

 

 

Ich hatte einen Traum, daß ich die Teile einer Leiche in durchsichtigen Gefrierbeuteln dabei habe. Auch andere trugen diese Beutel. Die Leiche war weiblich. Sie trug einen Sari. Ich sah die Farbe, das Muster des Stoffes, ihren Nacken und ihr dichtes Haar. Es war eine Inderin. Der schöne Stoff war silber und mit schwarzer Spitze. Ich erinnerte mich nach dem Aufwachen daran. Wie schrecklich. Wir befanden uns auf der Straße vor der Brücke in Richtung Autobahn/Berlin. Ich verlor einen Beutel auf der Straße. Während des Traumes war mir gar nicht bewußt, was ich da bei mir hatte, ich verstand das Bild während des Träumens nicht, erst nach dem Aufwachen war ich schockiert. Es war auch etwas mit einer Schulprüfung. Ich hatte Angst. Dann nahm ich den anderen den Zettel weg, damit sie nicht bemerken würden, daß ich weiß, was drankommen wird.
Heute (Samstag) denke ich immer noch über dieses Bild nach. Es bedrückt mich. Eine Leiche ist etwas Totes, Gestorbenes, das eigentlich vergraben oder verbrannt gehörte. An einer Stelle las ich, daß dieses Symbol für eine Schuld oder einen alten Fehler stehen kann. Daß ich eine Schuld mit mir herumtrage, zwar in Plastik verpackt, doch gut sichtbar konserviert, und ich lasse sie auch andere tragen. Und je länger ich sie so verpackt herumtrage, desto schwerer wird es, sie schließlich herauszunehmen und endgültig zu beerdigen. - Ich ahne vielleicht, worauf es sich bezieht.
Es fällt mir schwer hier darüber zu schreiben und ich werde es wieder herausnehmen.
Es ist deswegen, weil ich überlege, ob es richtig ist, es hier niederzuschreiben. Ich habe Bedenken.
Vielleicht meint das Bild auch, daß ich etwas Schönes, Lebendiges, Weibliches in mir getötet habe.

 

 

 

Donnerstag, 4. September 2008

 

 

 

Im Moment faszinieren mich Zahlen. Ich glaube, daß jede Zahl, die einem irgendwie begegnet, so zufällig oder banal sie auch scheinen mag, mit anderen Zahlen und mit einem selbst in einem großen Zusammenhang steht. Daß diese Zahlen aneinandergereiht oder verknüpft wunderbare Formen und Symphonien ergeben.
Ich träumte von einem schönen barocken Garten, der tiefer lag.
Am Abend waren meine Nichte und ich im Thermalbad, danach essen. Meine Cousine war auch dabei, und später noch Andreas. Daheim bin ich mit meinem Fuß wieder versehentlich auf einen schwarzen, länglichen Käfer getreten, der auf dem Parkettboden im Eßzimmer lief. Ich erschrak. Ich weiß nicht, wie ich es schaffe, stets ausgerechnet auf den einzigen Käfer weit und breit in der ganzen Wohnung zu treten. Ich trug ihn auf einem Kalenderblatt vorsichtig nach draußen, er war nicht mehr zu retten.
Ein großer Schwarm Rebhühner flog vor uns über die Straße. Die Felder, braune Erde.

 

 

 

Fisch an der Angel - ein Traumbild

 

 

 

Freitag, 5. September 2008

 

 

 

Spaziergang am Abend:
Es duftet nach Laub, nach Äpfeln.
Der wilde Hopfen rankt.
Wir gehen durch einen grünen Tunnel aus hohen Bäumen.
Eine weiße Blüte strahlt.

 

 

 

Im Traum heute Nacht habe ich endlich die Alte Frau gefunden. Ich suchte sie schon so lange. So lange. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, dieses tiefe Sehnen, sie endlich zu finden. Ich hatte mich einer gleichaltrigen Frau angeschlossen und folgte ihr unbeschwert in einen Raum. Und da saß sie, die Alte Frau. Ich wußte, daß, wenn ich sie endlich finden, es unerwartet sein müßte, und so war es jetzt auch. Sie saß unauffällig auf einer Bank an der Wand rechts von dem Eingang zu einer Höhle. Jemand saß vor ihr, so daß man sie nicht gleich sah. Ich erkannte sie sofort, wußte, daß sie es war, die ich schon so lange gesucht habe. Ich war so froh. Niemand schien zu erkennen, wer sie war. Erst stand ich wie in einem kreisförmigen Abstand zu ihr. Sie saß immer noch ganz unauffällig da, während ich sie lächelnd mit klopfendem Herzen ansah, meine Augen keinen Moment von ihr wandte. Sie hob ihre Augenlider, welche sie die ganze Zeit wie schlafend gesenkt hielt, und ihr durchdringender Blick blitzte mich für einen Augenblick an. Ihre schmalen Augen strahlten ungewöhnlich blau und silber. Sie hatte sehr dichtes, leicht gewelltes, dunkelblondes Haar, was ihr bis zum Kinn reichte, und einen Mittelscheitel. Immer noch saß sie ruhig da, obwohl sie mich wohl erkannt hatte. Sie spürte auch, was ich von ihr wollte. Dann trat ich zu ihr hin. Mir fiel auf, daß sie etwas kleiner war als ich, als wir uns gegenübergestanden waren. Ich fiel ihr um den Hals, genauer gesagt legte ich mein Gesicht auf ihre rechte Schulter in ihre Halsbeuge hinein, so daß meine rechte Wange die rechte Seite ihres Halses sanft berührte. Dann sank ich, sie immer noch mit der Wange sanft berührend, nach unten, um mich vor ihr zu verbeugen, mein Haupt vor ihr zu senken.

Auf einer Internetseite fand ich, daß das Traumsymbol der Alten Frau bei unreifen Menschen auftauchen kann, die Schutz und Geborgenheit suchen und keine Eigenverantwortung übernehmen wollen. Für mich habe ich aber den Traum so empfunden, daß ich etwas lang Vermißtes und Gesuchtes, etwas, das mir so gefehlt hat, vielleicht aber trotzdem in mir selbst verborgen Vorhandenes, nach langem Suchen endlich wiedergefunden habe, mit dem ich mich dann verband. Dem ich dienen wollte. Der entblößt gebeugte Nacken, das ist so eine besondere, eine verwundbare Stelle. Die Alte Frau war mir in einer Weise auch so vertraut. Sie war wie eine Schamanin. Rat. Sie war Rat.
Es war ein warmes Gefühl voller Vertrauen und Freude. Ich habe sie endlich gefunden!

 

 

 

Samstag, 6. September 2008

 

 

 

Der Vogel berührt die Blume mit seinem Mund

 

 

 

Gestern Abend haben wir zusammen auf Arte eine Dokumentation über das bedrohte Great Barrier Reef auf dem Sofa gekuschelt angeschaut. Mit diesen unglaublichen Fischen, diesen unglaublichen Farben und Formen. Bei einer Art ergießen die männlichen Fische ihren Samen alle zu gleicher Zeit wolkengleich knapp unter die Oberfläche des wogenden und sonnendurchfluteten Meeres, in den Schwarm der Weibchen hinein. Das wirkte wie ein wunderbarer Tanz. Das Verhalten von Schwärmen finde ich besonders faszinierend. Was für ein Rhythmus! Was für ein Humor! Was für eine Schönheit! Wer hat sich das alles nur ausgedacht?
Wir haben einen Spaziergang zum Waldrand unternommen, über die Wiese, am Bächlein entlang. Wieder am Dorfrand angekommen kreisten am Himmel schreiend zwei Vögel und ich fragte mich, was es wohl für welche waren. Doch sie wußte es. Es war ein Falkenpärchen.

Die letzte Arbeitswoche war anstrengend und ich kam kaum zur Ruhe. An zwei Tagen hatte ich wieder die sich im dreijährigen Rhythmus wiederholende Schulung zur Durchführung der AU, die jeweils mit einer Prüfung abschloß. Schon wieder drei Jahre vergangen! Ich kannte zwar den Stoff, trotzdem war es eine Anspannung. Der Mann, der neben mir saß, sagte, ich würde so eine Ruhe ausstrahlen. Ich konnte das gar nicht glauben, denn ich war sehr nervös.

 

 

 

Sonntag, 7. September 2008

 

 

 

Lila Blumen, ein Strauß lila Blumen. Sie sahen wie Glockenblumen aus.
Ich habe auch geträumt, daß ich mit jemanden in ein Restaurant gehe. Der Chef kam uns entgegen und ich kannte ihn. Er war ein hochgewachsener Mann und trug eine schwarze Hose und ein weißes Hemd. Ach ja, er, dachte ich, er ist hier also der Chef, wie seltsam. Aber jetzt weiß ich nicht mehr, wer er war.
Das Restaurant befand sich in einem Gewölbe, die Wände waren weiß gekalkt und bis auf Tischhöhe mit Holz verkleidet. Auf dem Boden lag ein roter Teppich. Es herrschte Dämmerlicht. Das Restaurant war ganz leer. Vom Eingangsbereich ging es nach rechts in einen langgezogenen, schmalen Raum, dort begannen dann die Tische und Stühle. Sie standen einzeln hintereinander entlang der Wand, so daß ein breiter Gang frei blieb. Man geleitete uns zu unserem Platz. Ein kleiner, quadratischer Tisch mit weißer Tischdecke und zwei Korbstühlen, die sich gegenüber standen, war für uns bereits gedeckt worden. Der Tisch stand vor einer Wand mit einem Bogen, hier war wohl der Stollen zu einem früheren Zeitpunkt einmal zugemauert worden, und ich glaube, dieser Bereich unter dem Bogen war nicht weiß gekalkt sondern man sah die rohen Steine. Das Korbgeflecht der Stühle reichte hinten von der Lehne bis fast an den Boden.
Aus den Augenwinkeln sah ich, daß auch an einem anderen Tisch für einen Gast gedeckt worden war. Da stand auch bereits ein leeres Weinglas. Es war ein einfaches Glas, kein teures, mundgeblasenes aus Kristall oder so. Wir ließen uns nieder, ich mit dem Rücken zum Gang, und eine Flasche dunklen Rotweins mit einem aufwendig geschwungenen Etikett, das eine ovale Form hatte - bestimmt war der Wein sehr alt und schwer, ich vermutete er stammte aus Frankreich oder aus Spanien - und auch Wasser wurden umgehend von links gereicht. Ich erschrak, weil ich mich daran erinnerte, daß ich ja immer noch keinen Rotwein vertrage, dachte an Kopfweh und Kater. Doch es war mir auch klar, daß ich ihn trinken würde. Schon alleine wegen meines Begleiters und weil ich eingeladen war. Allerdings weiß ich nicht, wer mein Begleiter war, denn ich sah ihn genauso wenig wie die Diener. Aber ich weiß sicher, daß jemand bei mir war.

 

 

 

Ich träumte noch von einem Artikel in der Tageszeitung mit dem Titel: Aber ich werde leben! Er handelt davon, was die Erde in den letzten 11/12 Jahren geschafft hat.

 

 

 

Staren haben sich über dem Haus gesammelt. Hunderte saßen auf der großen Stromleitung über dem Werkstattdach und machten sehr seltsame Geräusche, so daß ich irgendwann vom Schreibtisch aufstand und aus dem Fenster sah. Schwärme flogen auf und ab, kreisten über die Dächer des Dorfes. Und Star an Star saß dichtgedrängt auf der Leitung einige hundert Meter lang.

 

 

 

Das Fenster meiner Schwester

 

 

 

Montag, 8. September 2008

 

 

 

Ich träumte, daß ich mich von einer blinden Frau führen lasse.

 

 

 

Licht, das sich in einem Tropfen, der auf einem Blatt liegt, spiegelt.

 

 

 

Als ich sie fotografiert habe, blieb sie immer ganz ernst. Ihre großen, hellgrünen Augen, die sahen weit in die Ferne. Sie sahen, nein, nicht durch mich hindurch, sondern wie als sähen sie etwas anderes dahinter. Hinter mir. Hinter den Dingen.
Vorhin las ich eine Stelle, in der es heißt, daß die Suche nach dem Glück und die Suche nach Wahrheit stets dieselbe ist, denn es ist beides die Suche nach dem Selbst.
Herr Rossi sucht das Glück.
Vor etwa zwei Wochen habe ich mir ein Buch über Marguerite Porète, einer französischen Mystikerin, bestellt. Sie schrieb:
Mirouer des simples Ames aneanties et qui seulement demourent en Desir et Vouloir d'Amour. Sie interessiert mich sehr und ich erwarte das Buch seitdem jeden Tag, erwarte, daß der Briefträger kommt, schiele schon von weitem nach einem entsprechend großen Umschlag und sortiere als erste die Post. Doch es ist noch nicht eingetroffen, obwohl es umgehend versandt wurde.
Es ist das Beste, daß ich es nicht mehr erwarte. Denn dann wird es bestimmt kommen.
Hoffentlich ging es nicht verloren.

 

 

 

Dienstag, 9. September 2008

 

 

 

Ich träumte von einem Mann, der gerade sein großes Fahrrad auf unserer Grundstückseite aus dem Bach zog. Ich beobachtete das von der gegenüberliegenden Seite.

 

 

 

 

 

 

Luftleerer Raum um ein Ende geschlungen. Um deine Hand. Um ein Ziel.

 

 

 

Ich denke immer noch daran, an das Buch.

 

 

 

Mittwoch, 10. September 2008

 

 

 

Ich träumte von einem quadratischen Gatter aus wenigen dünnen Stäben verbunden mit einem weißen Band, in dem sich viele junge Hirsche befanden. Es lag zwischen zwei Orten an der rechten Seite der Straße. Es waren zierliche, grazile Tiere. Ein Hirsch, der inmitten der anderen stand, hatte ein riesiges Geweih. Es war noch ganz pelzig und so gewaltig, daß es eigentlich gar nicht möglich war, es zu tragen. Und es hatte ich-weiß-nicht-wie-viele Enden. Doch der scheue, junge Hirsch mit den samtigen Augen trug es ohne Anstrengung, so als wäre es ganz leicht. Und ich träumte von Essen, das mir gereicht wurde. Nämlich mit Frischkäse gefüllte rote Paprika. Und ein Traum, daß ich endlich, mit all meinen Tieren, nach Hause gehe. Zum Ausgangspunkt. Es war ein warmer Traum und ich war wie ein Kind. Ganz froh. Wie Hänschen klein. Als ich so ganz allein durch die leeren Straßen zwischen den Häusern der Stadt marschierte, hielt ich ein rechteckiges, blaues Verkehrszeichen, ich glaube, es war das Hinweisschild für Jugendherbergen, vor der linken, hinteren Seite meines Kopfes, wie um ihn abzuschirmen. Ich kam an einen Platz und da war mein junger Freund mit dem Bus. Wie immer fleißig kontrollierte er gerade die Bremsen seines Reisebusses und hatte ihn dafür, er war dunkelblau und sah aus wie aus den 50er Jahren, hochgebockt und alle vier Räder abgeschraubt. Die lagen ganz ordentlich jeweils rechts und links der Achsen. Das trifft sich ja gut! Ich war sehr erleichtert, denn jetzt sind wir zu zweit. Wir können zusammen fahren und es geht viel schneller.

 

 

 

Und dann irgendwann... schließt sich das Äußere zum Inneren, zum Innenleben. Zum Kreis. Träumte ich.

 

 

 

Die zitternden Hände meiner Oma.
Ich erinnere mich an diese Hände.

 

 

 

Früh traf ich zufällig eine alte Schulfreundin auf der Prüfstelle. Das war sehr nett. Sie kam gleich zu mir her und begrüßte mich. Wir unterhielten uns und erzählten aus unseren Leben, während wir warten mußten. Sie erzählte mir auf einmal ihren Traum, den sie in der Nacht gehabt hatte, daß sie nämlich in einem Auto saß, die Bremse versagten plötzlich, und es fuhr schneller und schneller.
So fühle ich mich.
Später hatte ich das Gefühl jeden Moment in Tränen ausbrechen zu müssen. Ich fand mich auf einmal ohne Kraft und Energie und hoffte nur, daß niemand es bemerken würde. Da läuft etwas ganz falsch, dachte ich, es kann nicht richtig sein, daß ich mich so fühle und es auch mein Umfeld dementsprechend mitbekommt.

 

 

 

Lichthaus im Osten, und die Wiesen schimmern silber vom Tau.
Das Licht war so hell, es stand mitten zwischen den Häusern des Dorfes, auf das ich gerade zufuhr.
Ich blieb sogar am Straßenrand stehen, um dieses Wunder zu bestaunen. Schließlich bemerkte ich, daß dieses Licht von einem großen Dach mit einer Photovoltaikanlage herrührte, auf dem sich gerade die Morgensonne spiegelte.

 

 

 

Das Schwimmbad, das zur Akademie gehörte, war am Abend stets hell beleuchtet gewesen. Die großen Nachtfalter, welche von diesem weißen Licht angelockt wurden, schlitterten surrend und flügelschlagend wie Vögel über das Wasser, versuchten immer wieder darin einzutauchen und so zu dem Licht zu gelangen, sie versuchten es so lange, bis ihre Flügel naß und schwer von Feuchtigkeit geworden waren und sie ertranken. Es war jeden Abend dasselbe Schauspiel. Das ist mir beim Einschlafen wieder eingefallen, diese großen, dunklen Falter, wie sie auf dem Wasser tanzten.

 

 

 

Ich glaube, das ist es: diese Verweigerungshaltung gegenüber Veränderung und gegenüber Leben.

 

 

 

Donnerstag, 11. September 2008

 

 

 

Schmuck des Herbstes

 

 

 

Eine Luftbrücke, über das Bächlein zu gelangen, über das Feld, hin zu deinem Stern.

 

 

 

Freitag, 12. September 2008

 

 

 

 

Bunte Luftballons wurden losgelassen und stiegen in den hellblauen Himmel auf. Ich sah, wie sie höher und höher flogen. Da zerplatzten sie und die Fetzen glühten weiß vor Licht! Ein Traumbild.

 

 

 

“Hinter dem Netz fischen”, so lautet ein altes Sprichwort aus dem Mittelalter. Gerade hörte ich es auf dem Fernseher. Es bedeutet “zu spät kommen”.
Das will ich natürlich nicht.

Er wollte etwas und ich verstand nicht was. Einen Zug? Um Wasser zu suchen? Schließlich begriff ich, er wollte einen Kupferdraht und ich holte ihm einen Schweißdraht aus dem Lager. Er probierte ihn gleich aus und ging im Büro im Bereich vor der Theke auf und ab. Kurz vor dem Heizkörber beim Fenster schlug der gebogen gehaltene Draht heftig nach oben aus. Hier ist eine starke Quelle, sagte er. Dann hielt er die Wünschelrute zum Spaß vor meinen Bauch und sie schlug auch etwas aus. Das bedeutet, daß da noch Schmetterlinge sind, sagte er verschmitzt mit leuchtenden Augen. Da bin ich ja froh, erwiderte ich.
Ich fragte ihn, wie er das mache und er sagte, er sei sensibel dafür. Später, als er weg war, probierte ich es auch, ging ich mit dem gebogenen Schweißdraht in den beiden Händen hin und her, aber der Draht bewegte sich jetzt nicht mehr.

Ich habe Pfirsiche aus dem heimischen Garten mitgebracht bekommen. Sie liegen jetzt auf einem weißen Porzellanteller in der Küche und duften.

 

 

 

Samstag, 13. September 2008

 

 

 

Ich träumte, daß die vier Lindenbäume blühen. Nicht nur ihre grünen Wipfel, sondern sogar die Stämme waren über und über von diesen zarten und duftenden Blüten bedeckt. Jetzt, mitten im Herbst.

Und ich träumte von zwei Schildkröten, welche mit Zuccini und noch etwas anderem gefüttert wurden. Die keulenförmigen Zuccinis waren riesig und eine Frau schnitt sie entsprechend klein, um sie dann den beiden Schildkröten zu geben. Zuccini wurden auch der Länge nach in Scheiben geschnitten und aufrecht stehend in einen rechteckigen Bräter gestellt. Anschließend wurden sie mit Wasser eingeweicht.
In der Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt werden nämlich bestimmte Pflanzen als Nahrung für Insekten gezüchtet, um diese zu heilen, wenn ihre Panzer verletzt sind. (Dabei dachte ich dann an den Käfer, auf den ich neulich getreten bin.) Die Pflanzen können die Panzer der Insekten wieder aufbauen.
Auf einer Internetseite las ich, daß nach einem chinesischen Glauben eine Schildkröte alle Lebensweisheit auf ihrem Panzer trägt.

 

 

 

Das Dorf

 

 

 

Noch ein Traumbild. Von einem kleinen Loch in dem grünen Rasen eines Gartens, eines Parks. In diesem kleinen Loch war ein Garten. Dieser Garten war noch schöner als der Park. Ein Garten im Garten, sozusagen. Eine winzigkleine Pflanzenwelt. Das Gefühl, als ich in dieses Loch sah, war sehr schön. Es erinnerte mich an ein altes, längst vergessenes Gefühl. Wie ein Kind.

 

 

 

Es ist das Wunder des Augenblicks, das er ausdrückt.

 

 

 

Im Wald schwirrten Libellen. Blau in blau. Blau in Grün. Blau in allen Farben.
Im Lampengeschäft. Die Lampenschirme aus Porzellan paßten von der Farbe nicht - zum Glück habe ich die beiden Pakete öffnen lassen - und während ich auf Ersatz wartete, den der Elektriker von einem Ausstellungsstück abmontierte, sah ich einen Kronleuchter, der aus geschliffenen Kristallkugeln bestand, welche von der Decke hingen. Ganz ähnlich Dodekaedern, mit nur noch viel mehr Flächen. Obwohl das Licht der Glühbirnen im Inneren des Leuchters weiß war, strahlten sie in allen Regenbogenfarben. Lichtbogen gleißten aus den Kugeln und schienen bei jeder meiner Bewegungen hin und her zu schwirren. Ich war fasziniert. Wie magisch angezogen ging ich hin, um ihn zu bestaunen. Ich staunte wie ein Kind, den Kopf nach hinten verrenkt. Schritt unter Lüster aus Kristallschlangen.

 

 

 

Sonntag, 14. September 2008

 

 

 

Traumfragmente

Ich träumte von einem alten Mann, der neben mir draußen im Freien auf einem ebenerdigen Doppelbett mitten auf einem Acker in der weiten Flur lag, um uns herum auch Wald. Wir lagen nebeneinander in diesem Bett, er auf der rechten und ich auf der linken Seite. Doch mir war das unangenehm. Ich wußte nicht wer er war und ich fand, daß er wie ein Penner und sehr abstoßend aussah. Sein Gesicht war wie vom Alkohol aufgedunsen. Wer ist das nur und was will er von mir? Dann stellte sich auch noch heraus, daß er mein ganzes Buch kannte, von Anfang an. Er hat es gelesen. Ich würde lieber drinnen schlafen. In meiner Wohnung. Er war mit mir im Eßzimmer, dann in der Küche, dann im Wohnzimmer. Und er ging nicht fort, denn er wollte gerne mit mir gehen. Ich konnte ihn irgendwie immer noch nicht richtig erkennen, doch sein Gesicht hatte sich auf einmal ein wenig verändert, wie es schien, es sah nicht mehr so schlimm aus. Ich dachte verschwommen für mich, vielleicht ist es wie im Märchen, vielleicht bin ich das selbst. Vielleicht bin ich es selbst, die verantwortlich für sein Aussehen ist und nur ich bin es, die ihn von innen her verändern, verschönern kann, da er ja ein Teil von mir ist. Da ich er war. Ich schämte mich aber immer noch wegen ihm. Alles kam mir sehr seltsam vor. Auch meine Mutter wußte von ihm, was mir unangenehm war.
Ich träumte auch, daß mir ein Stück meiner linken Augenbraue fehlt. Und daß ich eine Collage aus erdfarbenen Tonpapier fertigte, die Papierstücke waren in weichen, runden Formen ausgeschnitten, es waren die selben Farbtöne, welche ich auch beim Malen der Ikone verwendet habe. Ich suchte nach bestimmten Teilen, Schnittmusterteilen, die mir noch für das Bild fehlten. Da, rechts auf dem Schreibtisch, lagen sie ja!

 

 

 

Wir sind wieder an den Schafen vorbeikommen. Haben uns nach dem Üben vor dem alten Lindenbaum verneigt.
Die Sonne schien aber die Luft war schneidend kalt. Nordwind. Ich lieh mir ein Sweatshirt von Richard. Es war mir zu weit und hing lang herab. Doch irgendwie hatte ich das Gefühl, daß ich damit besser üben und ich mich mehr sammeln konnte als in dem enganliegenden Pullover, den ich darunter trug und auch sonst immer anhatte.

 

 

 

Glanz

Am Nachmittag war ich noch im Wald gewesen und habe mit einem Körblein in der Hand nach Pfiffer Ausschau gehalten. Leider fand ich nicht die ersehnten Steinpilze, dafür aber ein Lupinenfeld mit einer einzigen noch blühenden blauen Lupine darin. Ich scheuchte ein dunkles Tier im Gebüsch auf, das sich schnell davontrollte, und einen Vogel.
Als ich gegen Mittag vom Tai Ji nach Hause kam, stand eine Glasschale angefüllt mit winzigkleinen, silbervioletten Lavendblüten auf dem Eßtisch, daneben lag noch ein Sträußchen aus Lavendelzweigen. Die ganze Wohnung duftete danach und ich war verzaubert. Ich hatte sie mir für den Kleiderschrank gewünscht gehabt.

 

 

 

Montag, 15. September 2008

 

 

 

Ein archaisches Traumbild, nämlich von einem Wasserfall, der links durch die Schwärze brach. Das Wasser rauschte und spritzte wie aus einer schwarzen Wand. Und noch ein langer Traum von jemanden. Ich weiß nicht, vielleicht ist es wegen des Buches, warum ich von ihr träumte. Eine Szene ging so: Wir waren in einem Zimmer. Da waren zwei kleinere, schlichte Stühle aus hellem Holz, auf die wir uns einander gegenüber setzen wollten, um miteinander zu sprechen und uns dabei anzusehen. Der eine Stuhl hatte eine Rückenlehne, der andere aber nicht. Ich wollte mich auf den Stuhl ohne Rückenlehne setzen, damit sie den anderen erhielte. Doch sie sagte, daß sie den Stuhl ohne Lehne nähme und ich solle mich auf den Stuhl mit Lehne setzen. Ich sah, wie sie sich dann vollkommen aufrecht und gerade auf dem Hocker hielt, sie wirkte dabei wie ein junges Mädchen, ihre Wirbelsäule war kerzengerade wie ein Lineal und sie schien auch irgendwie von innen her zu orange flimmern, zu bitzeln, zu leuchten.
Ich wollte stets schnell wieder gehen, doch sie sagte, daß ich bis zu dem und dem Zeitpunkt bleiben könne, denn da müsse sie wohin. Einmal hielt sie auch lang meinen Kopf in ihren Händen, um mir dabei tief in die Augen zu sehen.

 

 

 

Was soll ich tun? In welche Richtung? Auf einmal ist alles voller Möglichkeiten. Voller Zweifel und unruhig. Ich habe das Gefühl, vor mir selbst davonzulaufen. Vor dem Eigentlichen.

 

 

 

Den ganzen Tag unterwegs. Abends faßte ich mir ein Herz und rief an. Später noch beim Clubtreffen in der Stadt.

 

 

 

Dienstag, 16. September 2008

 

 

 

Heute hat es das erste Mal gereift. Schon so früh im Jahr.
Die Dächer weiß.
Ich dachte an die vielen noch jungen Vögel, an die Schwalben.

 

 

 

Post. Doch es war nicht das sehnlichst erwartete Buch, sondern ein anderes, das ich ebenfalls schon länger bestellt habe, weil es mich auch interessiert. Es heißt “Hippokrates und die Heilenergie” und ist von Frau Dr. Annie Berner-Hüblin. Darin hat die Autorin die alte Weisheit der hippokratischen Heilkunde untersucht und verbindet sie mit der heutigen Psychotherapie. Ich bin durch ein Zitat in einem anderen Buch darauf aufmerksam geworden und glaube, es ist sehr gut.
Ich las kurz hinein und fand diese, wie ich finde, bedeutsame Stelle:
Wir können entsprechend von einem subtileren Schicksalskonzept ausgehen, wo alles Sinn hat, wo Zufall zum Zu-fallen wird. Dieses Zu-fallen im Großen und Kleinen zu bemerken, allmählich den “roten Faden” im eigenen Leben zu erkennen, bedeutet, einen Zugang zum eigenen sich entwickelnden Schicksal zu finden. “Wahl” ohne diese Perspektive wird immer nur in den bewußtseins- und ichgesteuerten Schichten stattfinden und wird die Regenerierungs- und Heilkräfte der “tieferen” Schichten nicht fruchtbar werden lassen. (...).
Und ich stieß auf die alte Sufi-Lehrgeschichte mit dem Schlüssel. Mir fiel auf, daß ich mich beim Lesen oder Hören dieser Geschichte tatsächlich noch nie als denjenigen gesehen habe, der den Schlüssel verloren hat und ihn genau an der Stelle sucht, an der er gar nicht sein kann, weil er dort gar nicht verloren wurde. (In der Geschichte sucht der Franz-Josef draußen vor seiner Hütte im Schein einer Straßenlaterne den Boden ab, weil es im Schein der Lampe heller ist, obwohl er den Schlüssel drinnen verloren hat.)
Ich betrachtete die Geschichte stets von außen.

Zwei Rehe auf einem Acker am Waldrand. Was für wunderschöne, scheue Tiere das doch sind! Eine Schwalbe flog niedrig und wie torkelnd genau vor mir über die Straße. Auf einem anderen Acker an der Straße pflügte ein Bauer. Hinter dem Traktor flogen kleine schwarze Vögel kreuz und quer pfeilschnell über die aufgepflügte Erde auf und ab, ein kleiner Schwarm, und als ich näher kam, sah ich, daß das ebenfalls Schwalben waren. Eigentlich hatte ich gehofft, daß sie bereits nach Süden gezogen waren, denn durch die kalten und klaren Vollmondnächte ist das Finden von Nahrung für sie hier bestimmt nicht leicht. Wahrscheinlich werden kleine Fliegen und Insekten durch das Pflügen des noch warmen Bodens aufgescheucht und aufgwirbelt. Oder vielleicht hat der Bauer auch Mist ausgebracht.
Am Morgen im Halbschlaf war irgendwie der Satz da, daß ich auch zu einem Einzeltermin zu S kommen könne. Da war ich erleichtert.

 

 

 

Mittwoch, 17. September 2008

 

 

 

Ein Herz schlägt über der unaussprechlichen Offenheit.

 

 

 

Die Schwalben gehen und die Meisen kommen. Sie schauen sich am Haus um. Pochen mit ihren Schnäbeln gegen die Scheiben. Untersuchen neugierig die kleinsten Nischen und Winkel.
Abends habe ich aus einer Laune heraus das Wohnzimmer umgestellt. Es wirkt jetzt offener, einladender und gemütlicher, vor allem für Gäste, da der Sitzbereich jetzt der Türe zum Eßzimmer zugewandt ist.

 

 

 

“Es sind nur noch Redeleute auf der Welt, die nichts mehr tun, sie reden nur”, sagte er, als ich Abends durch die Werkstatt zu ihm ging. Er stand über eine offene Motorhaube gebeugt und arbeitete.
Ich sei eine ganz liebe, sagte der Mann hinter der Theke im Kellerraum, der bis zur Decke mit Ersatzteilen voll gestapelt war. Ich war bereits einmal bei ihm, damals mit meinem Vater, das war vor 18 Jahren. Seine Haare sind ganz weiß geworden.

 

 

 

Donnerstag, 18. September 2008

 

 

 

What do you feel when you look in the mirror, are you proud? Sang eine Frauenstimme beim Aufwachen aus dem Radio.
Wieder hat es gereift. Leises Zwitschern aus einem der Schwalbennester unter dem Dach.

 

 

 

 

 

 

Ich träumte von einem Brief, den ich erhielt und in dem stand, daß sie jetzt den Preis für die goldene Halskette mit der kleinen, goldenen Sonne und dem winzigen Diamanten in der Mitte daran haben möchte, welche ich bei dem Goldschmied nach meinem Entwurf einmal hab anfertigen lassen. Ich will sie jetzt bezahlen.

 

 

 

Die unwandelbare Liebe.

 

 

 

Weises Pferd

 

 

 

Freitag, 19. September 2008

 

 

 

Fuß, der gelb und rosafarben gesprengelt ist

 

 

 

Jedes Lesen ist ein Sonnenbild.

 

 

 

Beim Putzen krabbelte ein schwarzer Käfer im Aufwaschlappen, den ich wohl versehentlich mit aufgewischt hatte. Es war einer dieser schwarzen Käfer, die mir momentan so häufig begegnen. Er war verletzt, die rechte Hälfte seines hinteren Panzers fehlte ganz und gar und ich konnte das Innere sehen. Sein Leib war wie ein Hohlkörber mit etwas hellweißer Masse darin. Ich setzte ihn auf ein großes, dunkelgemastertes Blatt der Canna, welche neben der Haustreppe in einem Blumentopf wächst.

 

 

 

Samstag, 20. September 2008

 

 

 

Im Traum erhielt ich einen Brief, ich erinnere mich nur noch an diesen Satz daraus:
Wenn Sie die Perle finden wollen...

 

 

 

Ich träumte noch von zwei Regenbogen, einen kleinen, kaum sichtbaren und dahinter einen großen, halbbogenförmigen. Und von einer gelben Raubkatze mit schwarzen Punkten, einem Gepard, der auf seinen Hinterbeinen dasaß. Sein Kopf zeigte nach rechts. Seine Ohren hatte er nach hinten gedreht, so als würde er in diese Richtung lauschen. Er war wunderschön. Das Bild war in den Farben gelb, schwarz und grün.

 

 

 

Der Blick aus seinen Augen. Er spricht: Keiner versteht mich.
Ein kleiner, schlanker, grauer Vogel mit orangefarbenem Bauch kletterte flink auf dem roten Bieberschwanzdach der gegenüberliegenden Scheune auf und ab. Ich beobachtete ihn. “Da ist ein Klaiber, schau, ein Klaiber!”, rief ich erstaunt und zeigte zum Dach. Zur gleichen Zeit schwebte vor meinen Augen auf einmal langsam eine winzig kleine graue Feder vom Himmel herab. Sie schien wie aus dem Nichts aufgetaucht zu sein und war vom selben Grau wie das Gefieder des kleinen Klaibers. Schnell öffnete ich meine Hand und fing sie auf.

 

 

 

Sonntag, 21. September 2008

 

 

 

Ich träumte wieder, daß ich Stufen hinuntergehe. Dieses Hinuntersacken. Eine graue Treppe.
Und ein Traum von einer Flugreise mit meiner Nichte an der rechten Hand.

 

 

 

Löwe im Wald

 

 

 

Ich hab heut den ganzen Tag in der Wohnung aufgeräumt und aussortiert. Bin Kartons mit Zeitschriften, Programmheften, Zeitungsartikeln, alten Kassetten, Gebrauchsanleitungen und Fotos durchgegangen. Habe alte Briefe gelesen. Liebe Weihnachtsgrüße und Postkarten von Freundinnen und Freunden. Ich fand ein lustiges Fax von meiner Freundin von vor zehn Jahren. Es beginnt mit: Hallo liebe Nichterreichbar und endet so: PS: Seit wann heißt Du Nichterreichbar. Du sagst auf Deinem Anrufbeantworter immer: Ich bin Nichterreichbar.
Tschüß
Ich bin auf jeden Fall Doris!!
Ich habe alte Rezepthefte noch von meiner Mutter und auch unsere erste Rezeptsammlung mit italienischen Rezepten in einem Schnellhefter gefunden. Ich erinnere mich an die ersten Versuche richtige Spaghetti zu kochen. Also ich meine richtige italienische Spaghetti, keine deutschen. Damals war es nicht einfach zum Beispiel einen echten Parmesan zu bekommen, es gab ihn einfach noch nirgendwo zu kaufen. Wir haben dann immer vom Urlaub einmal im Jahr ein großes Stück mitgebracht, waren erschüttert über den Preis, und haben Zuhause alle möglichen Tricks versucht, daß er nicht zu schnell das Schimmeln beginnt, denn das war eine Katastrophe. Die grellbunten Fotos auf manchen der Hefte aus den sechziger Jahren wirken eigentlich gar nicht mehr appetitlich. Wie sehr doch auch Essen der Mode unterworfen ist!

In den letzten Tagen kam mir verstärkt der Gedanke, daß alles, was ich je tat, was ich tue und was ich tun werde eigentlich immer jetzt im Augenblick, also zur selben Zeit, geschieht. Gleichzeitig passiert. Vielleicht wie durchscheinende Filmbilder, die übereinander liegen.

Wäsche gewaschen. Ein bißchen gelesen. Gestern am späten Nachmittag haben wir die Bücher und die Kleidung für den Flohmarkt sortiert und vorbereitet. Der Flohmarkt ist nächsten Samstag. In einem Zimmer die Bücher, im anderen die Kleidungsstücke. Ich habe das eng geschnittene, schwarze Oberteil mit den aufgestickten schwarzen Perlen und das schwarze Kleid im Stil der 50er Jahre wieder mit heim genommen, nachdem mir gesagt wurde, ich solle es doch lieber nicht weggeben. Ich selbst habe ein interessantes Buch über den Jakobsweg, den Sternenweg, gefunden und es dann abends auf dem Sofa betrachtet. Manchmal habe ich auch gedankenverloren an die Decke gesehen und mit offenen Augen geträumt. Versuchte meine Gedanken anzuhalten. Und ich sah einen Film über Lili Marleen.

 

 

 

Dienstag, 23. September 2008

 

 

 

Ich habe
Traumaugen
in deinem Garten ausgesät.
Wilde Mandeln,
die Silberhand des Morgens und
den Gesang des Vogels.

 

 

 

Und Vertrauen.
Stieg früh am Morgen in mir auf, als ich im Halbschlaf wieder an das Gedicht gedacht habe.

 

 

Die Federschlange mit den sanften, grünen Augen

 

 

 

Ich träumte von einem kleinen Rehkitz mit lauter weißen Punkten auf seinem Rücken. Es stand am Zaun. Es war wieder dieses Gatter aus vier dünnen Eckstäben, welche nur mit einem weißen Band verbunden waren. Das Kitz stand rechts innen am Rand der Einzäunung und es sah sehr schutzlos und verloren aus, weil es alleine und niemand bei ihm war. Ein bißchen wie das arme Schaf neulich am Sonntag, das mit seinem Kopf im Drahtzaun feststeckte. Ich dachte, daß ich schnell zu ihm müsse. Und ich träumte noch, daß ich vor meiner Haustüre kehre. Denn der Boden lag voll von gelbem Laub. Es war naß, hatte wohl erst vor kurzem geregnet gehabt. Der Bereich vor der Haustüre war mit einem großen rotweinroten Orientteppich verhangen, wie ein Windfang. Das wirkte sehr dunkel. Ich nahm extra den roten Besen mit den festen Borsten aus der Werkstatt dafür. Allerdings fiel, als ich auf der Haustreppe stand, das Unterteil vom Besenstiel ab (wie auch in Wirklichkeit manchmal) - ich klopfte es dann aber wieder auf. Verschob sogar all die Blumenkübel, um dahinter vorzukehren.

 

 

 

Eine Hand klappt eine doppeltes CD-Album auf, innen ist es ganz grün, wie mit einem Bild von Pflanzen bedruckt. Von rechts kam eine zarte Frauenhand und legte sie sanft darauf.

 

 

 

Mittwoch, 24. September 2008

 

 

 

Der Wald singt mit dem Nebel. Sie berühren sich. Tannennadeln lesen in den Tropfen:
dein Gesicht. Herbstland. Feuchter Atem.

 

 

 

Rote Äpfel liegen am Straßenrand. Rote Äpfel an den Ästen der Bäume, welche in den Himmel zeigen.

 

 

 

Ich erkannte dich.

 

 

 

Eine winzig kleine hellbraune Schnecke mit schwarzen Punkten auf ihrem hübschen Gehäuse ist das Ostfenster hochgekrochen. Dort hing sie dann. Zuerst dachte ich, es sei ein kleiner Lehmbatzen, bis ich genauer hinsah und das filigrane Schneckenhaus erkannte. Und puppte sich ein. Eine andere an der Hauswand bei der Haustüre.

 

 

 

Donnerstag, 25. September 2008

 

 

 

Ich weiß nicht, wo ich hingehöre.

 

 

 

Vielleicht bin ich wie ein Schmetterling, der angezogen von Duft und Licht von Blüte zu Blüte torkelt um vom Nektar zu trinken.

 

 

 

Freitag, 26. September 2008

 

 

 

Du bist der Wind
Mit seinem Glanzatem,
Der weiße Schnee.

 

 

 

Sie schrieb mir: Viele Schutzengel begleiten Dich auf Deinen Weg.

 

 

 

Morgenstimmung

 

 

 

Heute zog ich die Karte: Göttlicher Zeitplan. ...wenn sich manchmal Türen öffnen.

 

 

 

Vor der Arbeit war ich beim Friseur. Ich ließ mir die Haare waschen, schneiden und glattfönen. Da war eine Dame mit blauen Haaren und auch eine Frau mit weißen Haaren, welche mich mit ihren humorvollen Sprüchen auftaute und die Stimmung auflockerte, während in meinem Haar mindestens fünf Bürsten feststeckten. Zum Beispiel beklagte sie sich zum Spaß laut darüber, weil die Friseusin forderte, daß sie sich zum Frisieren auf einen anderen Stuhl setzen sollte.
Ich weiß jetzt auch, was die tiefere Bedeutung von dem Bild mit dem freien Stuhl ist, also wenn man einen Stuhl zuviel frei hat.
Sie sprachen über den Jakobsweg und ich erfuhr, daß meine Friseusin demnächst eine Etappe geht. Ich erzählte ihr daraufhin von dem Wochenende in Österreich. Auf einmal konnte ich darüber reden.

 

 

 

In der Zeitung stand, daß die katholischen Bischöfe multireligiösen Feiern mit gemeinsamen Gebet von Christen, Juden und Muslime erneut eine klare Absage erteilt haben, weil die Gefahr einer Vermischung bestände.
Ich bin ganz sicher, Jesus hätte das nie getan.

 

 

 

Eine Freundin will auch gern einmal mitfahren um ihren Lama zu besuchen, der in der Nähe wohnt. Sie hat ihn schon angerufen.

 

 

 

Samstag, 27. September 2008

 

 

 

Über den Regen und die Freude zu tanzen soll ich schreiben, träumte ich.

 

 

 

Wie es ist, im Regen vor Freude zu tanzen. Im Regen vor Freude tanzen.

 

 

 

Es gibt so viel zu erzählen und ich bin ganz voll.
Vom Blau der Berge, des Himmels und vom Blau des Sees. Von den rosafarbenen Blüten der Cosmeen.

Von ihren Augen.

 

 

 

Am See

 

 

 

Eine Frau mit einem Korb voller frischgewaschener Wäsche trat aus der Türe ihres Hauses am Abhang zum See. Das Bettuch, welches sie aufhing, war nachtblau. Mit Sonne, Mond und Sternen darauf.

 

 

 

Und mit Wolken.

 

 

 

Um drei schaltete der Radiowecker an. ...Für die bayerische Nacht hörte ich noch bruchstückhaft im Halbschlaf, als ich mich erhob. Ich brauchte eine Stunde, bis ich angezogen, die Brote geschmiert, und auch sonst mit allem fertig war. Die Brote habe ich später gar nicht aufgegessen, denn ich war nicht hungrig. Um vier fuhr ich los. Die Nacht war sternenklar und die schmale Sichel des Mondes stand nur eine handbreit über der dunklen Silhouette des Waldes. Alles war still. Ich sah einen totgefahrenen Igel und ich dachte wieder daran, wie viele Tiere im Straßenverkehr achtlos umkommen. Als ich durch die wie ausgestorben daliegenden Dörfer fuhr, saß, nachdem ich in einem Ort einmal links abgebogen war, plötzlich ein riesiger Hund mitten auf der Straße. Es war ein gewaltiger Bernhardiner mit weißem Fell und schwarzen und rostfarbenen Flecken darauf. Er saß mit ausgestreckten Pfoten da, hatte seinen Kopf hochgereckt, genau in meine Richtung. Ich dachte erst, ich sähe nicht recht und starrte den Hund mit großen Augen an. Er erhob sich langsam und trotte im Licht der Scheinwerferkegel davon, machte den Weg frei.
Während ich in Richtung Süden fuhr fühlte Dankbarkeit. Dankbarkeit, daß ich lebe. Ich war dankbar für meine Eltern, daß sie gesund sind. Daß das Auto funktionierte und daß ich jetzt, heute, in den Morgen fahren durfte. Daß ich dorthin fahren konnte. Das ist das Schönste, in den Morgen hinein zu fahren und die Sonne langsam aufgehen zu sehen.
Ein Sternzeichen leuchtete die ganze Fahrt über groß am Himmel genau vor mir. In Höhe des Bodensees begann es zu dämmern, der Himmel wurde licht und lichter und bekam einen rosafarbenen und hellblauen Schimmer.
Schwarze und weiße Schafe grasten links am Abhang der Autobahn und brachten mich zum Lächeln.
Da ich über eine Stunde zu früh war hielt ich an einem Parkplatz. Jetzt war es gar nicht mehr weit. Der Anblick des Sees umrahmt von den hohen Bergen erinnerte mich an einen Traum, den ich als Kind hatte und der ebenfalls an einem solchen Gebirgssee spielte. Plötzlich klopfte ein Mann mit einer graublauen Strickmütze auf dem Kopf an die Autoscheibe. Ich schaltete die Zündung ein und drückte den Fensterheber. Er zeigte auf die Karte in meiner Hand wollte wissen, wie weit es noch nach Genf ist. Ich hatte keine Ahnung. Mußte erst einmal blättern, wo genau denn Genf von hier aus lag. Ich schätzte schließlich mehr schlecht als recht. Dann bat er, daß ich ihn und seinen Freund vor dem See fotografiere. Ich stieg aus und nahm auch den Schlüssel mit. Steckte ihn in meine Hosentasche. Jetzt war ängstlich und ich drückte möglichst unauffällig den Knopf für die Funkfernbedienung. Der Mann hing mir lächelnd seinen Fotoapparat um und ich fotografierte die beiden, die mich anstrahlten. Gab ihnen den Foto zurück, stieg wieder in den Wagen ein. Winkte ihnen. Fuhr los. Als ich zurückstieß sah ich am Kennzeichen ihres weißen Transporters, daß sie aus Ungarn kamen.

Am Ufer des Sees

Die hohen Berggipfel um den See lagen noch in Wolken gehüllt, doch langsam klarte es auf und die Felswände begannen durch die Wolken hindurch zu leuchten. Ich hielt noch einmal, ging zum Ufer des Sees. Fotografierte. Fotografierte den glitzernden Spiegel, das Licht darin. Die Farben der Bäume am Ufer. Jetzt war es nicht mehr weit. Nur noch wenige Kilometer. Langsam fuhr ich den Berg hinauf und versuchte dabei die Straßennamen zu lesen. Oben angekommen fragte ich schließlich die Frau in der Poststelle, die mir freundlich Auskunft gab. Jetzt fuhr ich wieder den Berg hinunter. An einem Kreuz hing ein Jesus mit einem goldenen Lieb, der in der Morgensonne hell strahlte. Ich fand die Straße, an der ich vorhin vorbeigefahren war. Fuhr aber noch einmal ganz nach unten, da ich immer noch zu früh war. Hielt wieder. Fuhr wieder hinauf. Bog ab.
Ein Eingang führte hinter einer Glastüre eine Treppe nach oben, ein anderer war rechts. Ich wußte nicht recht, denn auf beiden stand nicht der Name, den ich suchte. Hinter einem Fenster leuchtete ein großer, goldener Buddha heraus und ich betrachtete ihn neugierig. Er gefiel mir ausnehmend. Ging langsam über den moosbewachsenen Hof. Vielleicht bin ich doch falsch? Schließlich entdeckte ich ganz rechts am steilen, grasbewachsenen Abhang entlang einen Weg nach unten zu dem dritten Eingang des Hauses. Und das war der richtige!
Mit einem atemberaubenden Blick hinab zu dem See.
Und mit einem Garten.

 

 

 

Sonntag, 28. September 2008

 

 

 

 

 

 

Der bunte Papagei aus Holz über der schmalen Glastüre zur Terrasse.
Der Sonnenschein.
Das Orange der Kürbissuppe. Ihr feiner Duft.
Die brennende Kerze auf dem Bord mit den erstarrten Tropfen Wachs daran. Wie ein Wasserfall. Sie ist zu einem Wasserfall geworden. Vom Wind. Weil die Türe nach draußen offen stand.
Die Ikone dahinter.
Das lustige T-Shirt von Reijo mit den drei Kühen darauf.
Der große Vogel, der hoch über uns über die Berggipfel kreiste.
Andreas, wie er mich zum Auto begleitet hat und so lange stehen blieb, bis ich losgefahren war.

 

 

Hätte ich noch einmal zurückgehen sollen? Fast so, als würde ich fliehen.

 

 

Abends, daheim im Bett, klopfte auf einmal mein Herz.

 

 

 

 

 

 

Perlenfischer

 

 

 

Beim Hantieren in der Küche erwähnte Agi im Gespräch einen Autor namens Anker Larsen. Daß seine Bücher etwas für mich wären, sagte sie mit einem Lächeln und leuchtenden Augen. Weil ich so durcheinander war konnte ich mir nicht einmal den Namen merken und habe Andreas später noch einmal danach geschrieben. Er antwortete zu meiner Überraschung, daß er sogar schon ein Buch von ihm verlegt hat, nämlich Der Stein der Weisen. Ich fand die Seite eines deutschen Verlags mit Textauszügen, welche ich hier gerne verlinken will: eine Leseprobe.

 

 

 

Ein Pfauenauge ist vor der Glastüre zur Terrasse gelandet. Im Sonnenschein. Der schöne Schmetterling klappte seine Flügel langsam auf und zu und die kleine Katze beobachtete ihn dabei.
Vielleicht war es der letzte in diesem Jahr.

 

 

 

Montag, 29. September 2008

 

 

 

 

 

 

Heut war ein verrückter Tag. Was geplant war ging schief. Eigentlich sollte ich schon am Vormittag in Erlangen sein, doch es wurde eins. Zudem öffnete das Amt wegen der gestrigen Wahl erst um zwei. Etwa fünfzig Menschen warteten schließlich vor dem Kästchen mit der Nummernausgabe, das Punkt eins eingeschaltet wurde.
Als wir später vor der Theke der Ausgabe gestanden waren, fiel mir ein Plakat mit dem Hinweis auf eine Kunstausstellung auf, das auf der anderen Seite links an der Wand hing. Die Überschrift lautete in etwa so: Das wachende Auge Gottes. Das Auge Gottes wacht. Es erinnerte mich wieder mit einem Schlag an den Gesang der armen Seelen in Zone Sechs in dem Buch Shikasta von Doris Lessing:

Rette, Gott,
Rette mich,
Ich zu dir,
Du zu mir.

Auge Gottes,
Hab Geduld,
Mach mich frei,
Zahl die Schuld...

Und es erinnerte mich auch an ein Schild, das über der Eingangstüre einer Holzhütte an einer Straße durch den Wald hängt und das ich einmal fotografiert habe. Ein weißes Schild auf dem in schwarzer Schrift steht: Das Auge Gottes wacht.

 

 

 

Roter Faden

 

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